Erfahrungsbericht von Katharina

Ich habe die Geburt meines ersten Kindes und das Wochenbett als traumatisch erlebt.

 

Das fing eigentlich schon beim Eintreffen im Krankenhaus an. Ich wurde nicht ernst genommen und links liegengelassen. Ich sollte wieder heimfahren. Da wir allerdings einen relativ weiten Anfahrtsweg hatten, durften wir „gnadenhalber“ bleiben (keine 4 Stunden später war unsere Tochter geboren). Heute denke ich, wir hätten doch heimfahren sollen und gar nicht mehr zurückkehren.

Bei der Geburt durfte ich nicht so, wie ich wollte (es gab aber KEINE medizinischen Gründe dafür). Die Hebamme hat Druck gemacht, weil sie mit uns möglichst schnell fertig sein wollte: es war ihr letzter Dienst vor dem Urlaub und sie hatte noch eine zweite Gebärende im anderen Kreißzimmer.

Zwei Stunden nach der Geburt (es war Nacht) wurden wir aufs Zimmer gebracht. Meine Tochter wurde von der Schwester unter das offene Fenster gestellt. Mir ist es leider erst ca. eine Stunden später aufgefallen, als draußen der Straßenverkehr zugenommen hatte. Am nächsten Tag hatte meine Tochter Untertemperatur und in Folge erhöhte Bilirubin-Werte.

Im Wochenbett ging es ähnlich menschenverachtend weiter. Fragen wurden nicht beantwortet bzw. wurde man auf andere verwiesen.

Die Stillberatung, sofern man sie so nennen konnte, war äußerst mangelhaft.

Ständiger und zahlreicher Besuch meiner Zimmerkollegin führten zusätzlich dazu, dass Erholung nicht möglich war.

Schlafentzug, Probleme beim Stillen, die ständige Unruhe im Krankenhaus und das größtenteils unfreundliche Personal führten schließlich dazu, dass es mir von Tag zu Tag schlechter ging und ich nur noch geweint habe. Schließlich wurden wir nach vier Tagen entlassen. Ich hatte Fieber und bekam gleich nach Eintreffen zuhause auch noch Schüttelfrost. Ich hatte eine Brustentzündung, die trotz meiner Hinweise im Krankenhaus vom Personal ignoriert wurde.

 

Diese Erlebnisse hatten ganz entscheidende Auswirkungen. Ich habe rund sechs Monate mehrmals täglich geweint und war durch nichts zu trösten. Ich war einfach fassungslos angesichts dieser Zustände heutzutage auf einer Entbindungsstation. Ich konnte es nicht glauben, dass so etwas „normal“ auf unseren Entbindungsstationen war und dass mir so etwas passiert ist.

Aber zuallererst wollte ich meine Tochter „entschädigen“, für das was sie erlebt hat. Ich bin mit ihr mehrmals zum Osteopathen gegangen - bis einmal einer mich gefragt hat, wie es mir eigentlich ginge.

Mein Mann wusste zeitweise nicht mehr weiter. Nicht nur einmal hat er sich kurzfristig Zeitausgleich genommen und ist frühzeitig von der Arbeit heim, weil er einfach Angst um uns hatte. Er hat mir damals auch gesagt, ich solle mir professionelle Unterstützung suchen, denn er könne nicht mehr. Was aber in Österreich nicht leicht ist. Denn besonders in der Karenzzeit ist bei vielen Familien das Geld knapp und ein Psychotherapeut ist teuer.

Ein halbes Jahr nach der Geburt ging es mir etwas besser, ich bekam aber immer noch Weinattacken, wenn auch seltener. Ein Jahr nach der Geburt hatten sich die Weinkrämpfe auf 1 – 2 x pro Woche reduziert und in Folge kamen sie nur noch bei „besonderen“ Anlässen.

 

Meiner Meinung nach hatte ich keine typische Wochenbettdepression, sondern meine Depressionen waren eine Folge des Krankenhaustraumas. Ich hatte jedenfalls das Gefühl, etwas aufarbeiten zu müssen. In den ersten Wochen zu Hause habe ich viel Zeit im Internet verbracht und recherchiert. Ich wollte unbedingt herausfinden, ob das „normal“ ist, was mir da passiert ist.

 

Ich habe mir die Krankenakte aus dem Krankenhaus geholt, weil ich Klarheit haben wollte, ob es nicht irgendeinen medizinischen Grund für diverse Aktionen der Hebamme gab.

Die Geburt und das Wochenbett waren laut Krankenakte „mustergültig“ (keine Auffälligkeiten etc.).

Ich habe das persönliche Gespräch mit der Krankenhaushebamme gesucht. Das hat mich allerdings überhaupt nicht weitergebracht, weil sie der Meinung war, sie hätte alles bestens gemacht.

Ich habe das Gespräch mit dem Primararzt der gynäkologischen Abteilung gesucht. Er hat mir zwar zugehört, allerdings denke ich nicht, dass es irgendetwas bewirkt hat.

Ich habe viele Gespräche mit meinem Mann und mit anderen Müttern geführt.

Weiters habe ich mit einer befreundeten Hebamme ein langes Gespräch geführt. Sie war wohl meine beste „Therapeutin“ am Weg zurück zur Normalität und ich werde ihr ewig dankbar sein.

 

Und schlussendlich, als ich erkannt habe, dass all das, was mir passiert ist, „normal“ auf Österreichs Geburtenstationen ist (wenn auch nicht unbedingt in dieser Häufung, die mir zuteil wurde), habe ich beschlossen, gegen diesen Missstand vorzugehen. Im Internet bin ich Anfang 2008 auf den Verein „Geburtsallianz“ gestoßen und arbeite dort einige Jahre lang ehrenamtlich mit. Der Verein setzt sich für eine babyfreundliche und mütterfreundliche Geburtshilfe ein.

 

 

Aufgrund dieser unerfreulichen Erlebnisse wollte ich eine zweite Chance auf eine schöne Geburt und habe mir insgeheim ein zweites Kind gewünscht. Ich denke, dass meine Erfahrungen meinen Kinderwunsch verstärkt haben.

Da zwischen meinem Mann und mir allerdings nur ein Kind vereinbart war, musste der Kinderwunsch wohl unerfüllt bleiben.

Wir haben nur in der „gefährlichen“ Zeit verhütet, mein Eisprung war immer pünktlichst und diese Verhütungsmethode hat gut zehn Jahr lang wunderbar geklappt.

Nun, meine zweite Schwangerschaft entstand aufgrund eines erstmals in meinem Leben um mehrere Tage verspäteten Eisprunges. Daher ist unser Sohn mein ungeplantes Wunschkind.

Meine Theorie dazu ist, dass mein Kinderwunsch so groß war, dass sich mein Körper danach gerichtet hat und unser kleiner „Hoppala“ in unser Leben treten konnte.

 

Ich war in der Folgeschwangerschaft wesentlich informierter (obwohl ich auch in der ersten Schwangerschaft schon überdurchschnittlich informiert war). Ich wusste konkret, was ich wollte und was nicht.

 

Die zweite Schwangerschaft war etwas anstrengender als die erste, da auch noch ein Kleinkind zu betreuen war und ich wieder um ein paar Jahre älter war. Ich hatte in beiden Schwangerschaften ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel viele Vorwehen, die zwar sehr lästig, aber Gott sei Dank letztendlich nicht gefährlich waren.

 

Was die Vorbereitungen auf die nächste Geburt betrifft, habe ich mich einfach auf eine schöne Hausgeburt gefreut und die Krankenhausgeburt meiner Tochter möglichst ausgeblendet. Für mich war völlig klar, dass ich eine Hausgeburt möchte. Da mein Mann ebenfalls Krankenhäuser nicht mag, ist er voll hinter mir gestanden.

Ich habe mir Hausgeburts-Filme angesehen, mit anderen Hausgeburtsmüttern gesprochen, einschlägige Bücher gelesen etc.

Meine Hebamme hatte ich eigentlich schon während der Recherchen nach der ersten Geburt im Internet gefunden. Damals dachte ich aufgrund ihres Lebenslaufes: Wow, wenn ich nochmals eine Kind bekommen sollte, dann wird sie meine Hebamme. Und so war es dann auch.

 

Meine große Angst in der Folgeschwangerschaft war, dass ich wieder in ein Krankenhaus muss.

Ich habe bei einer Voruntersuchung im Krankenhaus einmal eine Panikattacke bekommen. Der Arzt war „ungut“ und ich hatte dadurch ein Flash-Back.

Auch als mein Sohn noch in der 38. SSW in Beckenendlage lag, lagen meine Nerven kurze Zeit blank. Beckenendlage wäre das Aus für die Hausgeburt und möglicherweise sogar für eine Spontangeburt gewesen. Und ein Kaiserschnitt im Krankenhaus wäre mein persönlicher Albtraum gewesen.

In meiner ersten Schwangerschaft war ich noch im naiven Irrglauben, dass im Krankenhaus die Ärzte und Hebammen schon wüssten, was zu tun sei und die Frauen menschenwürdig behandeln. Also waren mein Mann und ich brav im Geburtsvorbereitungskurs, wir haben viele Bücher gelesen - letztendlich die falschen, nämlich jene, die zuhauf in den Büchergeschäften im Regal stehen und einem außer nette Bilder inhaltlich nicht viel bieten können.

 

Insgesamt war ich in meiner zweiten Schwangerschaft aber zuversichtlich. Ich war bestens informiert (habe sehr viel gelesen, Filme geschaut, Gespräche geführt). Ich war so gut vorbereitet, dass ich mir sogar eine Alleingeburt (falls es die Hebamme nicht rechtzeitig schaffen sollte) problemlos vorstellen konnte.

 

Die Geburt war wunderschön. Ich bin am Vorabend nach einem ausgiebigen Bad ins Bett gegangen, hab noch gelesen und gegen 23.30 Uhr das Licht abgedreht. Ich bin sofort eingeschlafen, jedoch ca. eine Stunde später von lästigen, aber nicht schmerzhaften Wehen wieder geweckt worden. Ich dachte an Senkwehen und da ich nicht mehr müde war, bin ich ins Wohnzimmer und hab mir einen Film angesehen. Als dieser um 2:30 Uhr aus war, wollte ich noch schnell auf die Toilette und wieder ins Bett. Auf der Toilette hatte ich dann einen Blasensprung und gleich im 3-Minuten-Takt Wehen. In den Wehenpausen haben mein Mann und ich das Wohnzimmer geburtsklar gemacht (also Matratze auf den Boden, Tragetuch als Geburtsseil in den Deckenhaken gehängt und Tasche mit den Hausgeburtssachen bereitgestellt). Gegen 3:30 h habe ich meine Hebamme angerufen, die eine Stunde später da war - für mich zum richtigen Zeitpunkt. Sie hat sich richtig gefreut, als sie mich bereits bis zur Wohnungstür Tönen gehört hat. So hat auch sie gemerkt, dass sie genau richtig kommt.

Um 4:00 Uhr ist dann plötzlich meine Tochter in der Tür gestanden, sie hat sich wohl im Familienbett einsam gefühlt. Sie wollte wissen, was los sei und ob es schon Frühstück gäbe. Wir haben ihr erklärt, dass bald das Baby rauskommt. Mein Mann hat ihr noch ein Kipferl in die Hand gedrückt, und nachdem sie eine Zeitlang zugeschaut und ihr Kipferl gegessen hat, ist sie auch wieder eingeschlafen, bis es um ca. 6:30 Uhr in den Endspurt gegangen ist. Ich hatte heftige Presswehen, noch ehe der Muttermund ganz offen war, und sollte diese veratmen, was mir nur teilweise gelungen ist. Bei meiner Tochter hatte ich keine Presswehen, da ich laut Hebamme bereits pressen sollte, als ich noch gar keinen Pressdrang hatte - was mir damals unnötige Verletzungen eingebracht hat. Ich wollte natürlich immer wissen, wie sich richtige Presswehen anfühlen. Die zweite Geburt hat mich also auch hier mehr als entschädigt ;-)

Ich konnte mich diesmal auf meine Hebamme 100 % verlassen. Als sie dann grünes Licht zum Pressen gegeben hat, war der Kleine in der zweiten Presswehe kurz nach 7:00 h auch schon da. Ich habe ihn gleich hochgenommen und angelegt. Die Nabelschnur hat mein Mann nach dem Auspulsieren durchgeschnitten. Meine Hebamme hat mir die Plazenta genau erklärt. Im Krankenhaus wurde sie mir trotz Nachfragen nicht richtig, also nur zusammengeknüllt im Plastiksackerl gezeigt.

Ich war nach der Geburt topfit und überglücklich. Das Wochenbett zuhause war sehr entspannt und sehr ruhig. Meine Hebamme ist täglich zu Besuch gekommen und hat viiiiiel Zeit mitgebracht. Mein Mann hat gekocht und uns umsorgt.

Ich war so stolz, dass wir gemeinsam die Geburt so perfekt hinbekommen haben.

 

Diese Geburt hat mich für die erste Geburt entschädigt.

Die Hausgeburt war die mit Abstand schönste Erfahrung meines gesamten Lebens. Und das schönste war, dass auch meine Tochter dabei war.